Kniebeugen

Die Kniebeuge ist eine der wahrscheinlich nützlichsten Übungen, die es gibt. Genauso aber auch die am wenigsten verstandene Übung um die sich die meisten Mythen ranken. Die Langhantel-Kniebeuge, in welcher Variation auch immer, ist und bleibt aber eine so essenzielle Übung, dass jeder Mensch sie lernen sollte. Es gibt abgesehen vom Kreuzheben keine Übung, die einen so großen Anteil von Muskulatur aktiviert und damit eine solch herausragende Koordination und Stabilität des Körpers ermöglicht. Korrekt ausgeführt ist die Kniebeuge die wichtigste Übung, die ein Athlet durchführen kann. Und da liegt der Knackpunkt. Wichtig ist die richtige Ausführung. Richtige Ausführung bedeutet hier, dass die Bewegung der Stange und die Belastung der Muskeln einen optimalen Trainingseffekt erzeugt. Damit du das optimal schaffst, zeige ich dir in dieser Anleitung, wie wir Kniebeugen auf unseren Seminaren beibringen. Jeder Teilnehmer auf unseren Seminaren, war nach dem Seminar imstande, Kniebeugen richtig ausführen zu können. Das Ziel ist die richtige Ausführung der Langhantel Kniebeuge. Es hat sich aber bewährt, die folgende Reihenfolge einzuhalten, um die Kniebeuge schnell zu lernen. Die Vorbereitungsübungen sollten immer auch als Warm-Up vor dem Training durchgeführt werden, auf diese Weise gewöhnst du dich an die richtige Reihenfolge.

Um die Kniebeuge zu lernen, beginnen wir im ersten Schritt mit Air Squats. Air Squats sind Kniebeugen ohne jegliches Zusatzgewicht. Versuch dich einfach zwischen deine Beine zu setzen und dabei den Oberkörper aufrecht zu halten. Nutze deine Ellbogen, um deine Knie nach Außen zu drücken, um in die folgende Position zu kommen:

Halte diese Position für fünf bis zehn Sekunden. Dann komm wieder hoch. Wiederhole diese Übung ca. 10x. Wenn diese Position klappt, steht dem nächsten Schritt nichts mehr im Weg. Wir benutzen jetzt ein erstes Werkzeug, entweder einen Medizinball oder eine Hantelscheibe. Eine Hantelscheibe ist optimal, weil wir damit beide kommenden Übungen durchführen können. Wir bringen deinem Körper jetzt bei, die tiefe Position auch unter Belastung ausführen zu können. Dazu nutzen wir zwei Übungen: Wir beginnen mit dem Goblet Squat. Diese Übung hat ihren Namen dadurch, dass wir unser Gewicht wie einen Kelch vor dem Körper halten.

In den folgenden Bildern siehst du wie Wolf und mich, wie wir jeweils unterschiedliche Positionen im Goblet Squat einnehmen. Dabei werden ein Medizinball und eine Kettlebell benutzt. Du solltest jeweils 1–2 Sätze mit 10–15 Wiederholungen durchführen.

Hat das geklappt, benutzen wir eine schwierige Übung. Die Überkopfkniebeuge. Dabei nimmst du dir eine Hantelscheibe. Für Frauen um die 10kg, Männer zwischen 15 und 20kg. Und du bringst diese nun über Kopf. Nun machst du eine Kniebeuge mit der Hantelscheibe über Kopf. Dieser Overhead Squat ist für viele Menschen sehr schwierig und belastet stark den unteren Rücken, trotz des geringen Gewichtes. Das ist völlig in Ordnung, genau das wollen wir! Führe auch hier 1-2 Sätze mit 10-15 Wiederholungen durch.

Alle drei Übungen dienen einer Form von Priming. Das bedeutet, dass dein Körper die korrekte Ausführung lernt und Angewohnheiten wie unnötige Hüftbewegungen gar nicht erst erlernt. Denn selbst das geringe Gewicht über Kopf erzwingt absolute Körperspannung im Rücken.

Hast du diese Übungen ausgeführt, können wir zur Langhantel Kniebeuge übergehen. Jetzt musst du dich entscheiden. Denn wir können die Langhantel an mehreren Stellen ablegen. Für ein Besseres Verständnis sehen wir uns an, welche Muskeln von der Kniebeuge getroffen werden.

Welche Muskeln werden durch die Kniebeuge trainiert?

An der Langhantelkniebeuge sind sehr viele Muskeln beteiligt. Die Hauptarbeit wird allerdings von den Beinstreckern und Hüftstreckern ausgeführt. Zusätzlich stabilisiert eine Reihe an Muskeln die Bewegung. Deine Quadrizeps Muskulatur streckt dabei deinen Unterschenkel am Knie. Gluteus Maximus streckt deine Hüfte. Dein Rücken wird von deinen Rückenstreckern, den Erector Spinae aufrecht gehalten. Damit deine Knie nicht nach Innen fallen, sind zudem Adduktoren und Abduktoren an den Beinen beteiligt. Spannung auf der gesamten Rumpfmuskulatur sorgt für einen steifen Torso. Deine Beinbeuger stabilisieren während der gesamten Übung ebenso das Knie, indem sie als Gegenspieler zum Quadrizeps am Knie ziehen. Und als Letztes sind auch deine Waden involviert, die Kräfte von deinen Füßen aufzunehmen und dich stabil am Boden zu halten.

Low Bar. Vs High Bar Kniebeuge

Die Langhantel kann bei der Kniebeuge entweder hoch oder tief abgelegt werden. Oder um das Ganze noch verwirrender zu machen: irgendwo dazwischen. Um zu verstehen, welchen Effekt das hat, sieh dir die folgenden beiden Bilder an:

Beide Ablagepositionen sind korrekt! Eine optimale Kniebeuge hat das Gewicht immer über dem mittleren Fuß. Rechts siehst du eine Low Bar Kniebeuge. Damit wir über dem mittleren Fuß sind, muss die Hüfte weiter nach Hinten bewegt werden. Dadurch bewegen sich die Knie weiter zurück und der Oberkörper ist in einem stärkeren Winkel vorgebeugt. Legen wir höher ab, sind wir in der untersten Position aufrechter, die Knie sind weiter vor den Füßen und die Hüfte ist weiter vorn. Die Muskulatur, die durch eine Kniebeuge trainiert wird, ist dabei interessanterweise die gleiche.

Studien zeigen, dass die Belastungen dieser beiden Positionen auf der Muskulatur tatsächlich sehr ähnlich ist. Die Belastungen auf den Gelenken verteilen sich jedoch anders. Bei gleichem Gewicht ist mehr Last auf der Hüfte bei einer tiefen Ablage und mehr Last auf den Knien bei einer hohen Ablage.

Wo liegt nun der Unterschied? In einer tiefen Ablageposition, mit der Hüfte weiter Hinten, haben die Gluteii eine viel stärkere Position. Dadurch kann in der Low Bar Kniebeuge mit der tiefen Ablageposition auch mehr Gewicht verwendet werden. Kraftsportler bevorzugen daher oft diese Form der Ablage. Für die Muskulatur selbst macht es allerdings keinen Unterschied, die entwickelt sich bei beiden Ablageformen gleich gut.

Die beiden Ablagepositionen im Extrem kannst du hier vergleichen:

High Bar Kniebeuge

Low Bar Kniebeuge

Fußposition

Die Fußposition bei der Kniebeuge ist je nach Person individuell und muss getestet werden. In unseren Seminaren nutzen wir dafür einige Tests, die hier zu weit führen werden. Wichtig ist: Deine Fußposition hängt von der Standbreite, deiner Hüftpfanne und deiner Beweglichkeit ab! Vor einigen Jahren geisterte die Idee durch das Internet, beflügelt vom Autor Kelly Starret, dass es optimal sei, dass wir die Füße bei der Kniebeuge gerade nach vorn zeigen lassen und alles andere wäre verrückt. Als Folge korrigierte ich etliche Male die Fußposition und Kniebeugen verbesserten sich. Du kommst nicht drumherum, es auszuprobieren. Als Standbreite kannst du mit etwas weiter als Schulterbreite beginnen. Die meisten meiner Kunden liegen zwischen geraden Fußspitzen bei 0° und einer Drehung von 45°. Starte bei ca. 30° und probiere dann aus, wie sich verschiedene Winkel auf deine Tiefe mit einer leeren Hantelstange auswirken. Wenn du blockierst, dann ist dieser Winkel falsch für dich und du probierst weiter. Wenn du die gleiche Tiefe wie beim Goblet Squat erreichst, dann machst du alles richtig.

Wie tief sollte die Kniebeuge sein?

Eine Kniebeuge mit der Langhantel sollte durch die volle Bewegungsamplitude laufen. Das bedeutet, dass deine Hüfte eine parallele Linie mit dem Knie durchbrechen sollte. Wenn du tiefer beugen kannst, solltest du das tun. Es ist nicht zwingend notwendig, auch wenn viele “harte Hunde” im Online Bereich zwingend von “Ass to Grass” sprechen. Entscheidend ist, dass du so tief beugst, wie du komfortabel kannst. Die Parallellinie zwischen Hüfte und Knie kann in der Praxis fast jeder brechen, bis auf sehr wenige Ausnahmen mit mechanischen Einschränkungen durch Krankheiten oder Unfälle. Wenn du aufgrund eines Hip Impingement oder ähnlicher Strukturprobleme nicht ganz nach unten kommst, ist das nicht so schlimm. Du solltest dann deine Standweite und die Fußwinkel so verändern, dass du deine persönlich maximal tiefe Kniebeuge lernen kannst. In den unteren Bildern siehst du eine optimale minimale Tiefe, bei der Knie und Hüfte eine Parrallele zum Boden bilden. Im nächsten Bild siehst du eine Frontkniebeuge von mir, die an meiner maximalen Bewegungsamplitude orientiert ist.

Der Butt Wink

Ein klassisches Problem bei der Kniebeuge das es möglichst zu vermeiden gilt, ist der Butt-Wink. Damit ist eine Rotation der Hüfte am Ende der Bewegung gemeint. Diese findet meist aufgrund einer Imbalance statt, bei der die starke Beinbeugermuskulatur an der Hüfte zieht und die Rückenmuskulatur gibt nach.

Eine Korrektur des Buttwinks ist relativ simpel möglich. Zuerst prüfen wir, auf allen Vieren, ob diese Position tatsächlich eine anatomische Ursache hat. Dazu bewegen wir uns wie auf dem nächsten Bild vor und zurück. Ist die Ursache anatomisch, zeigt sich auch entlastet eine Bewegung. Dann testen wir, ob diese Bewegung auch bei verschiedenen Standbreiten auftritt, indem wir die Knie weiter auseinanderstellen während wir die Übung durchführen. Wir spielen dabei auch mit der Position der Füße, da wie weiter oben erwähnt, auch die Rotation eine Rolle bei einer Hüftblockade spielen kann. Zeigt sich keine Bewegung, arbeiten wir mit aufsteigenden Gewichten mit Overhead Kniebeugen und Goblet Squats zur Vorbereitung. Danach benutzen wir bei der Kniebeuge eine langsame (4s) Abwärtsphase und konzentrieren uns auf die Spannung im Oberkörper.

Damit sollte deinen Kniebeugen erstmal nichts mehr im Weg stehen. Solltest du mehr über die Kniebeuge, andere Übungen und Training lernen wollen, ist mein Buch “Stärker – Breiter – Schneller” das Richtige für dich!

Wenn du lernen willst, die du die Kniebeuge als Anfänger am besten in einem Plan einsetzt, empfehle ich dir meinen Artikel über einen guten Anfängerplan!